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Ein Wunder rettet den Aufstiegstraum
![]() FOTOS von SEBASTIAN FLÜGEL In der 92. Minute explodierten die Emotionen im Troisdorfer Aggerstadion. Für knapp 500 Fortuna-Fans gab's kein Halten mehr. Nur Sekundenbruchteile nach dem alles entscheidenden 3:2 von Rachid Boullal stürmten die Einen völlig ergriffen auf den Rasen, die Anderen lagen sich mit wildfremden Leuten in der Armen und vergossen literweise Glückstränen. Kein Wunder, denn mit diesem 3:2 hatte nach einer schwachen 1. Halbzeit keiner mehr gerechnet.
Danach war nichts mehr, wie es war. Fortuna leistete sich plötzlich immer wieder haarsträubende Fehler im Spielaufbau und kam kaum mehr zu Torchancen. Troisdorf spielte dagegen erstaunlich abgebrüht. Aus einer sicheren Defensive heraus agierte das junge Team von Trainer Mustafa Cansiz sehr geschickt, verschob optimal und tauchte ab und an sogar gefährlich vor Fortunas Schlussmann Günther Schuhmacher auf. So auch in der 43. Minute als erneut Angreifer Deniz Millitürk Cedric Mimbala entwischt war und wenige Augenblicke später auch das 1:1-Duell gegen "Schumi" für sich entscheiden konnte. Das 2:0 und scheinbar der Genickstoß für den Kölner Aufstiegskandidaten: „Ich habe in der Halbzeit nicht mehr dran geglaubt. Das waren katastrophale 45 Minuten. Ich habe versucht, die Jungs an der Ehre zu packen. Die vielen Fans, die uns immer unterstützen, haben zumindest eine bessere Einstellung verdient," gab so auch Fortuna-Coach Matthias Mink nach Spielschluss ehrlich zu. ![]() Mink wechselte den Sieg ein
Doch daraus wurde zunächst mal wieder nichts. Trotz des flammenden Appells ihres Trainers, trotz des Dauersupports ihrer Fans und trotz zweier Auswechslungen gelang den Südstädtern auch in den ersten zwanzig Minuten der 2. Halbzeit so gut wie gar nichts. Also war klar: Will man diesem Spiel noch eine Wende zuführen, muss ein Standard herhalten. Und da die Eckstöße zu wirkungslos verpufften, konnte die Fortuna nur ein Freistoß zurück ins Spiel holen. Soweit die Theorie, die in der 69. Minute Gott sei Dank auch von der Praxis eingeholt wurde. Der fünfzehn Minuten zuvor eingewechselte Marc Böing schlenzte den Ball nach einem Foul an den ebenfalls eingewechselten Milen Krastev aus 15 Metern unhaltbar ins rechte Toreck. Das 2:1-Anschlusstor war mit der Ausnahme, das SF-Keeper Sascha Mertert im Gegenteil zu Schumi dem Ball nur noch ehrfürchtig hinterherstarrte, eine Kopie des Troisdorfer Führungstreffers. Und nun merkte man, das endlich ein Ruck durch das zuletzt so starke Fortuna-Team ging. Die Südstädter bäumten sich nun endlich auf, stemmten sich mit aller Macht gegen die Niederlage und drückten auf den Ausgleichstreffer. Doch nicht nur vor Sascha Mertert war jetzt mächtig was los. Auch Schumi, der die meiste Zeit eher als Libero denn als Torwart agierte, geriet plötzlich unter Beschuss - bewahrte sein Team mit tollen Paraden aber vor der vorzeitigen Entscheidung. Also kam's zum ganz großen Showdown. Angepeitscht von den bereits heiser geschrienen Fans fand Fortuna in den letzten zehn Minuten endgültig zum starken Spiel der vergangenen Wochen zurück. Jetzt lief der Ball endlich auch mal über mehrere Stationen, jetzt kam Fortuna endlich zu den lang ersehnten Chancen im Minutentakt. Doch auch das schien den Aufstiegstraum nicht mehr am Leben halten zu können. Spätestens als Marco Stasiulewski, genauso wie beim Auswärtsspiel in Lich, den Ball freistehend und aus kürzester Distanz in den Abendhimmel hemmerte, rechnete keiner mehr mit einem Comeback des Südstadtklubs. Wohl auch Präsident Klaus Ulonska nicht, der das Stadion aufgrund der extremen nervlichen Anspannung bereits traurig verlassen hatte. Doch ausgerechnet Stasi, der die Fans wenige Minuten vorher noch ins endgültige Jammertal gestürzt hatte, trug zur Aufhellung aller Mienen bei. Mit einem unfassbaren Fallrückzieher aus 5-Metern ließ er dem zuvor überragenden Mertet keine Abwehrchance und erzielte parallel mit dem Ende der regulären Spielzeit doch noch den Ausgleichstreffer. Was jedoch viele zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten: Da Leverkusen das Spiel gegen Viktoria gedreht hatte, hatte dieses Tor für Fortuna zunächst mal nur "Annanascharakter". Doch auch nur zunächst! Denn während der Tabellenzweite nun doch wieder an den ganz großen Wurf glaubte, war Troisdorf ausgepumpt, demotiviert und spätestens ab dem Moment im kollektivem Schockzustand, wo Schiedsrichter Steffens zum Anzeigen der Nachspielzeit fünf Finger in den Himmel streckte. ![]() Diese fünf Minuten überlebten die Sportfreunde nicht mehr. Fortuna warf nun alles nach vorne und schrieb in der dritten Minute der Nachspielzeit tatsächlich noch Fußballgeschichte. Der zuvor unauffällige, ja gehemmt wirkende Rachid Boullal tauchte nach einem schönen Spielzug, der für die meisten Fans wohl wie eine Ewigkeit wirkte, wie aus dem Nichts frei vor Sascha Mertert auf und ballerte den Ball aus 12 Metern unhaltbar unter die Torlatte. Ein Tor, welches Emotionen freisetzte, die sich nicht beschreiben lassen. Deswegen war es auch gut, dass Physiotherapeut Christian Osebold nach dem 3:2 geistesgegenwärtig den verletzten Ronny Waldkirch im Krankenhaus anrief und diesen mit den Emotionen im Hintergrund allein ließ. Sie sprachen gewiss mehr, wie tausend Worte... Einzelkritik:
Schiedsrichter Andreas Steffens: Sprang scheinbar kurzfristig für Schiedsrichter Lex und machte einen super Job. Steffens, der Fortuna innerhalb von 2 Wochen bereits das zweite Mal Fortuna pfiff, leistete sich keine groben Fehlentscheidungen und bewahrte auch in der sehr hektischen Schlussphase die Ruhe. Die angezeigte Nachspielzeit von 5. Minuten war zwar mutig, angesichts der Zeitspielerei der Gastgeber aber völlig angemessen. Kompliment! Note 1.5 |
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